Freitag, 15. November 2013

Innenarchitektin des Jahres 2013 in Finnland

Interview mit Päivi Meuronen

Päivi Meuronen mit dem Grafikdesigner Aimo Katajamäki, mit dem 
sie den Staatspris für Design teilt. Sie sind ein  eingespieltes

Team und arbeiten an diversen Projekten zusammen.
Bild: Chikako Harada. 
Päivi Meuronen ist eine finnische Innenarchitektin, die 2013 zur Innenarchitektin des Jahres in Finnland (Finnish design awards) gewählt wurde. Heute hat sie auch den Staatspreis für Design 2013 erhalten. Päivi hat Innenarchitektur an der Hochschule für Kunst und Design (heute Aalto Universität) in Helsinki studiert und Inneneinrichtungen für viele öffentliche Räume wie die Turku Bibliothek (2007) und Seinäjoki Bibliothek (2012). Von ihren Auslandsprojekten kennt man evtl. Kirnu, ein gigantischer Kessel auf der World Expo 2010 in Shanghai, für den sie die Inneneinrichtung gestaltet hat. Neben Interiors hat Päivi auch Möbel entworfen.

Wo arbeitest du?

Ich arbeite fast 11 Jahre bei den JKMM Architekten in Helsinki mit ganz tollen Kolllegen, die einem inspirieren und mit denen es Spass macht zu arbeiten. JKMM ist nicht ein gewöhnlicher Arbeitsplatz, sondern wie eine zweite Familie für mich. Mein Arbeitsumfeld umfasst insbesondere die Innenbereiche für öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken, Schulen oder Kindergarten.

Was war bisher der Höhepunkt deiner Karriere?

Die Wahl zur Innenarchitektin des Jahres in diesem Jahr war sicherlich ein Highlight. Aber dieser neuer Preis toppt jetzt natürlich alles, weil es eine Anerkennung der Fachkollegen ist.

Unabhängig davon waren viele meiner Projekte was Besonderes, vor allem das letzte Projekt ist irgendwie immer unvergesslich. Aber auch mein erstes Grossprojekt nämlich die Viikki Kirche in Helsinki, die 2005 fertig wurde, war für mich einmalig, denn es war ein ganzheitliches Projekt, in dem ich alles inklusive Kirchengegenstände bis zum letzten Detail gestaltete. Dabei musste ich mich neben der Funktionalität und Ästhetik auch mit der Symbolik und Bedeutung der Objekte beschäftigen. Am Ende des Projekts ist es immer spannend zu sehen, ob das Ergebnis auch wirklich so aussieht, wie man sich das vorgestellt und geplant hat.


Seinäjoki Bibliothek. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen, 2012.

Bild: JKMM Architekten, Helsinki.

Seinäjoki Bibliothek von Aussen, 2012. 
Bild: Tuomas Uusheimo.
Spielplatz, Seinäjoki Bibliothek. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen, 2012.

Bild: Tuomas Uusheimo. 

Sitzlöcher an der Wand, Seinäjoki Bibliothek, 2012. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen.
Bild: JKMM Architekten, Helsinki.

Welches Projekt würdest du noch gerne machen und was erwartest du von der Zukunft?

Bei mir ist es nicht wie bei einem Schauspieler, der sich eine Rolle wünscht. Ich habe kein bestimmtes Projekt, das ich gerne machen möchte. Es wäre schön, wenn ich weiterhin genauso vielseitige Projekte machen dürfte wie bisher, eventuell wäre ein Auslandsprojekt noch interessant. Wobei die Projekte im Ausland nicht besser sind als zu Hause. Sie haben jedoch andere Herausforderungen wie z.B. die Sprache, Unterschiede in der Arbeitskultur oder einfache Kommunikationsherausforderungen wegen dem Zeitunterschied.

Finnischer Pavillon von Aussen, Shanghai EXPO 2010. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen, JKMM Architekten. 

Bild: JKMM Architekten. 
Finnischer Pavilon, Shanghai EXPO 2010Inneneinrichtung: Päivi Meuronen. Bild: JKMM Architekten.  
Finnischer Pavillon, Shanghai EXPO 2010Inneneinrichtung: Päivi Meuronen. Bild: JKMM Architekten. 

Gibt es Materialien, die deiner Meinung nach in Zukunft wichtiger werden und welche Materialien bevorzugst du?

Generell mag ich natürliche Materialien wie Holz und Wolle und versuche Materialien zu verwenden, die wiederverwertbar sind. Gerne auch nachhaltige Materialien, die aus der Region des Projekts stammen. Ich denke schon, dass Ökologie und Recycling generell wichtiger werden, aber ich meine auch, dass man die Materialien passend zur Situation wählen muss. Deshalb würde ich auch Plastik nutzen, wenn es das Projekt erfordert.

Was bedeutet Design für dich?

Design wird heute überall verwendet, so dass das Wort inzwischen fast schon inflationär ist. Aber ok, für mich ist Design funktional, es dient dem Zweck. Man sollte aber nicht überall Design draufkleben nur des Designs wegen.

Wie würdest du deinen Einrichtungsstil beschreiben?

Als Innenarchitektin bin ich eine verspielte Minimalistin. In meiner Arbeit versuche ich Einrichtungen zu schaffen, die funktional und minimalistisch sind, gleichzeitig aber auch eine gewisse Verspieltheit haben. Das gleich gilt auch für meine Kleidung. Ich trage häufig schwarz, mag es aber, wenn die Kleidungsstücke einen kleinen Gimmick haben. Bei der Einrichtung von Kindergarten beispielsweise, versuche ich mich in die Rolle eines Kindes zu versetzten und zu überlegen, was sie sich wünschen. Generell mag ich in der Inneneinrichtung natürliche Materialien, was heissen soll, dass Holz auch wirklich Holz und nicht etwa PWC, das nach Holz aussieht, sein muss. Denn Materialien und Farben geben den Räumen schliesslich die Wärme und den Charakter.

Privat wähle ich allerdings nicht immer die praktischen Sachen, sondern auch mal das, was einfach schön ist.

Mit Filz gepolsterter Innenreifen eines Traktors, 2007. Design: Päivi Meuronen, Hersteller: Adi Kalusteet Oy.

Saunalahti Kindergarten, Espoo 2011. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen, JKMM Architekten. Bild: JKMM Architekten.










Wer oder was inspiriert dich?

Ganz alltägliche Sachen, die nicht unbedingt mit Architektur oder Einrichtung zu tun haben, wie Filme von Fellini, Reflektionen, Spuren, Fehler, Abweichungen von Ordnung, spielerische Elemente oder neue Verwendungsarten von Objekten. In der Architektur und Einrichtung interessieren mich zum Beispiel japanisch strenge Ästhetik, die 60er Jahre und vor allem das Designerpaar Ray und Charles Eames. Deren tolle Entwürfe vermitteln das Gefühl, dass sie Spass an ihrer Arbeit hatten. Ein ähnliches finnisches Designerduo sind Aamu Song und Johan Olin, die frischen Wind in die finnische Design-Scene bringen. Sie zeigen mit ihren Entwürfen, dass man die Arbeit zwar ernst nehmen muss, dabei aber Spass und Humor nicht vergessen darf.  

Was ist für dich in deiner eigenen Einrichtung am wichtigsten und was ist dein Lieblingsstück?

Wir wohnen in einem kleinen Einfamilienhaus Mitten in Helsinki. Wir leben nach dem Prinzip ‚Less is more’, und versuchen nur die Sachen, wie wir wirklich benötigen aufzustellen. Ausserdem ist das Haus recht klein, so dass wir auch überhaupt nicht den Platz haben alles in der Wohnung aufzubewahren. Allerdings haben wir ein paar Schränke im Keller, die voll mit Sachen sind, die wir nicht wegwerfen können. Unser Zuhause ist eine Mischung aus alt und neu, schlicht aber gemütlich. Ich könnte deshalb auch keine privaten Wohnungen einrichten, weil ich meine, dass eine Wohnung etwas sehr Persönliches haben sollte und die Leute ihr Zuhause selbst kreieren müssen.
Was das Lieblingsstück betrifft, habe ich keins, zumindest nicht ein einziges Stück. 

Was ist dein Verhältnis zu Arbeit und Freizeit und wie entspannst du dich?

Für mich ist Arbeit nicht nur Arbeit, sondern die Arbeit ist auch Teil meiner Freizeit. Wenn wir Urlaub machen, kombinieren wir dies gerne mit unseren Kunst-, Design- und Architektur-Interessen. Oder wir entspannen uns in der Natur in unserer Hütte am Saimaa See, wie das die meisten Finnen tun.  

An welchem Projekt arbeitest du gerade und wie sehen deine Pläne fürs kommende Jahr aus?

Aktuell arbeite ich unter anderem an einer Bibliothek für den Campus der Aalto Universität, die 2016 fertig sein wird. Darüber hinaus habe ich ein Projekt an einer Schule und einem Kindergarten in Kalasatama in Helsinki. Ausserdem wirke ich an einem Konzept für eine neue Restaurantkette mit und habe weitere kleinere Projekte, wie eine Bibliothek in Lahti. Ja (lacht), ich bekomme immer wieder Aufträge für Bibliotheken. Wenn man einmal ein schönes Ergebnis geschaffen hat, was anderen gefällt, folgen weitere Anfragen.

Ausserdem habe ich ein ungewöhnliches Jahr vor mir. Ich werde eine fünfmonatige kreative Pause einlegen und zwei davon an der Cité Internationale des Arts in Paris (CIA) verbringen, um Zeit für mich und meine Projekte zu haben und mich weiter zu entwickeln. Danach werde ich nach Mazzano nahe Rom fahren. Ich bin ein grosser Italien-Fan und habe auch die Sprache studiert. Umso mehr freue ich mich auf den Aufenthalt und das Leben dort für paar Moante. Um sich kreativ zu entwickeln, muss man raus aus dem gewohnten Umfeld und auch Spass haben. Man kann ja nicht fünf Monate zu Hause sitzen, um Ideen zu sammeln.


Viikki Kirche. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen, JKMM Architekten 2005. Bild: JKMM Architekten, Helsinki.


Viikki Kirche. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen, 2005. 
Bild: JKMM Architekten, Helsinki.

Viikki Kirche. Inneneinrichtung: Päivi Meuronen2005. 
Bild: JKMM Architekten, Helsinki.

Turku Zentralbibliothek. Inneneinrichtung, Päivi Meuronen, JKMM Architekten 2007. Bild: JKMM Architekten, Helsinki.

Kaikuuu01 Tisch, dessen Tischplatte aus Glas auch als Lautsprecher funktioniert. Man kann einen MP3 Player oder iPhone an den Tisch verbinden. Design Martti Mela, Teemu Kurkela & Päivi Meuronen 2010. Bild: Päivi Meuronen.